09. -15. Oktober 2022:

Joseph und seine Brüder

Eine Literaturreise zu Thomas Mann Romantetralogie

Ein Mann, der die Macht braucht, nur weil er sie hat, gegen Recht und Verstand, der ist zum Lachen. Ist er’s aber heute noch nicht, so soll er’s in Zukunft sein und wir halten’s mit dieser
— Thomas Mann in "Joseph und seine Brüder"

Liebe Denkerin, lieber Denker,

wer auf der Suche nach Inspiration und Erholung ist und der Kunst des gelingenden Lebens auf die Spur kommen möchte, der ist im Château d’Orion, dem Gäste- und Kulturhaus am Fuße der Pyrenäen, genau richtig. Wo könnte man besser über Wesentliches nachdenken als unter der alten Platane mit Blick auf Wiesen, Weiden und Wälder oder vereint um einen prasselnden Kamin?

Die Tetralogie Joseph und seine Brüder (1933-1943) ist das bis heute in seiner Bedeutung immer noch verkannte Hauptwerk Thomas Manns – verkannt, weil es wegen seines ungeheuren Umfangs und trotz seines Spannungsreichtums am wenigstens gelesen ist und weil es manchen immer noch als entmythologisierendes Spiel mit Religion und Mythos in der Nachfolge der Aufklärung gilt. In Wirklichkeit ist Thomas Mann einer der großen Wegbereiter des modernen, religionswissenschaftlich begründeten Mythos-Verständnisses, sind die Josephsromane eine der bedeutendsten religiösen und mythischen Romandichtungen des 20. Jahrhunderts. Als Tetralogie bilden sie eine Parallelaktion zu Richard Wagners Ring des Nibelungen.

"Tief ist der Brunnen der Vergangenheit." Mit diesem wahrhaft tief- und abgründigen Satz beginnt die Tetralogie. Schon jene Eröffnung verbindet Thomas Manns Opus magnum mit dem Hauptwerk Wagners. "Tief" fängt auch das Rheingold an: sein erstes ,Wort‘ ist das berühmte "Contra-Es des Vorspiels vom Vorspiel". Die "Urzelle" und den "Erzbeginn aller Dinge" nennt Thomas Mann dieses in tiefster Tiefe wie ein Geräusch einsetzende Baßfagott-Es in seinen beiden großen Wagner-Essays Leiden und Größe Richard Wagners (1933) und Richard Wagner und der ,Ring des Nibelungen‘ (1937), die aufs engste mit den soeben (1933, 1934 und 1936) erschienenen ersten drei Josephsromanen verbunden sind.

In der textkritischen und kommentierten Edition der Tetralogie in vier Bänden, die von Jan Assmann, Dieter Borchmeyer und Stephan Stachorski im Rahmen der „Großen Kommentierten Frankfurter Ausgabe“ der Werke Thomas Manns im Jahre 2018 herausgegeben worden ist, wird die thematische Vielfalt und Erzählkunst des Romanzyklus umfassend verdeutlicht und seine weltweite Ausstrahlung zumal nach Amerika und in die jüdische Welt zum ersten Mal dargestellt. Diese Ausgabe ist natürlich auch die Basis der Denkwoche im Château d’Orion. Schwerpunktmäßig werden die religiöse und mythische Welt der Romane, deren kultur- und sozialgeschichtliche Thematik, ihr weltliterarischer Horizont, der sich von der Bibel und altorientalischen Literatur über Goethe bis zu Richard Wagner spannt, ihre tiefenpsychologische Ausrichtung, der über allem waltende Humor und nicht zuletzt die erzählerische Spannung und Meisterschaft der bedeutendsten deutschen Dichtung des 20. Jahrhunderts – auch in der Rezitation zentraler Kapitel – demonstriert und erläutert. Auch ihre vielschichtige Wirkungsgeschichte soll in die Betrachtung einbezogen werden.      

 

der referent

Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Borchmeyer war 1982-1988 Professor für Theaterwissenschaft an der Universität München, 1988-2006 Ordinarius für Neuere deutsche Literatur und Theaterwissenschaft an der Universität Heidelberg, seit 2007 ist er Honorarprofessor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Graz und hält im Rahmen einer Stiftungsdozentur für Kulturtheorie (Manfred-Lautenschläger-Stiftung) weiter Vorlesungen an der Universität Heidelberg. Von 2004 bis 2013 war er Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und Stiftungsratsvorsitzender der Ernst von Siemens-Musikstiftung. 2000 erhielt er den Bayerischen Literaturpreis (Karl Vossler-Preis). Im Oktober 2005 wurde ihm von der Universität Montpellier III (Paul Valéry) der Ehrendoktor verliehen. 2009 erhielt er die Bayerische Verfassungsmedaille, 2017 die Goldene Medaille der Goethe-Gesellschaft Weimar und den Bayerischen Verdienstorden. Er war und ist Gastprofessor an Universitäten in Frankreich (Montpellier), Österreich (Graz) und besonders in den USA. Sein hauptsächliches Arbeitsfeld ist die deutsche Literatur vom 18. bis 20. Jahrhundert und das Musiktheater, mit dem Schwerpunkt auf Goethe, Schiller, Mozart, Richard Wagner und Thomas Mann. Neuere Buchveröffentlichungen: Goethe. Der Zeitbürger (1999), Richard Wagner. Ahasvers Wandlungen (2002, amerikanische Ausgabe: Drama and the World of Richard Wagner, 2003), Macht und Melancholie. Schillers Wallenstein (überarbeitete Neuauflage, mit Geleitwort von Raymond Klibansky, 2003), Mozart oder die Entdeckung der Liebe (2005), Nietzsche – Cosima - Wagner. Porträt einer Freundschaft (2008, Neuauflage 2017), Das Theater Richard Wagners (Neuauflage 2013) und Richard Wagner – Werk, Leben, Zeit (2013; chinesische Übersetzung 2017)). Seine jüngsten Publikationen sind sein Lebenswerk: Was ist deutsch? Die Suche einer Nation nach sich selbst (2017) und die kommentierte Ausgabe der Josephsromane von Thomas Mann in vier Bänden (2018; zusammen mit Jan Assmann und Stephan Stachorski). Soeben abgeschlossen hat er die erste umfassende Gesamtdarstellung des Werks von Thomas Manns, die unter dem Titel Thomas Mann – Werk und Zeit im Herbst 2022 im Insel-Verlag erscheinen wird.

 

Anmeldung zur Denkwoche

preise

1.890€ im Einzelzimmer

1.680€ p.P. im Doppelzimmer

Beinhaltet ein opulentes Frühstück, ein 2 gängiges Mittagsmenu und ein 3 gängiges Abendmenu, Pausengetränke und Obst zu jeder Zeit. Alkoholische Getränke sind nicht enthalten.

Alle Preise inkl. Mehrwertsteuer.

Für Ihr Wohlbefinden fühlt sich die gesamte Équipe d’Orion zuständig. Sprechen Sie uns gerne schon vor Ihrer Buchung an!