Kulinarische Liebesgeschichten - Die Schlossküche öffnete ihre Pforten für Entdeckungen aus der Region
Nach diesem Jahr der Pandemie war bei allen Teilnehmenden spürbar, dass diese Woche nicht nur etwas war, worauf sie sich nun schon so lange gefreut hatten, sondern auch eine Zeit des Aufatmens nach diesem langen Lockdown: Ins Château kommen zu dürfen und eine Auszeit zu erleben, die der Seele gut tut, auf andere Gedanken zu kommen, sich vom Leben inspirieren zu lassen…
Heißt es nicht „ein gutes Essen ist Balsam für die Seele“? Was aber ist „gutes“ Essen? Mit dem Koch Manu Kohler und der Fotografin Kathi Pflug haben wir uns auf eine Reise begeben, um dies herauszufinden. Sie haben uns mitgenommen in ihre Art und ihr Verständnis des Kochens. Wir haben im schlosseigenen Garten geerntet, auf dem Markt eingekauft, geschnippelt, zubereitet, Teller angerichtet… und natürlich gegessen. Viel gegessen! Oder vielleicht eher: Genuss gelebt? Ob an einer großen Tafel unter der Plantage mit Blick auf die Pyrenäen, im festlich gedeckten Salle à Manger oder in verschiedensten Restaurants der umliegenden Städtchen.
Aber langsam. Was war denn eigentlich das Ziel dieser Denkwoche?
Wir wollten eine Wertschätzung für den Teller zurückgewinnen, der vor uns steht. Herausfinden wie viele Schritte die Produkte durchlaufen, bis sie dann genau so auf diesem Teller liegen. Uns fragen, wo unsere Produkte herkommen. Uns rückbesinnen, das wollten wir gemeinsam. Wenn wir einfache, alltägliche Produkte kombinieren, so können überraschend neue ästhetische Geschmackserlebnisse entstehen. Nicht nur für den Gaumen. Ja, auch das galt es immer wieder zu erkennen: „Das Auge isst mit.“ So entstanden mehrgängige Menüs auf Basis von „kulinarischen Liebespaaren“: Tatar mit Lauchblüte & Birne, Artischocken & Schnecken, Erbse & Ei, Aprikose & Lavendel u.v.m.
Über der Woche stand ein Satz von unserem Koch Manu: „Man kann nur gut kochen, wenn man mit einem guten Produkt beginnt und gute Köche sind es wert, mit den besten Produkten zu kochen.“ Hinzu kam der Grundsatz der Schlossküche: Jedes Produkt darf maximal 64 km vom Château entfernt produziert worden sein. Es galt regionale, demnach saisonale sowie die besten Produkte zu identifizieren. Außerdem versuchte Manu, wo es ging, alle Teile eines Produktes zu verwenden. So gab es beispielsweise zur Vorspeise unter anderem Mangoldstiele und zum Hauptgang auch die Blätter. Wir lernten, wie man eine frische Bergforelle auf sechs unterschiedliche Arten und Weisen zubereiten kann. Ein Teil unserer Woche bestand darin, Produzenten zu besuchen: eine Käserei, eine Ferme, die Piment d’Espelette (das bekannteste Gewürz der Region) anbaut und ein Weingut. Wir waren auf Wochenmärkten unterwegs und kamen mit den Produzenten ins Gespräch. So hat mich diese Woche nochmal neu darüber nachdenken lassen, von wo ich meine Produkte beziehe. Bereits zuvor habe ich versucht auf Saisonalität und Regionalität zu achten – so standen im vergangenen Winter häufig verschiedene Kohlsorten auf dem Speiseplan. Eine tolle Erfahrung war, wie sehr man sich dann im Frühsommer über jede einzelne Obst- und Gemüsesorte gefreut hat, die in jedem Monat neu im Saisonkalender hinzukam. Die Denkwoche hat mich motiviert dies fortzuführen. Besonders spannend war diese Woche jedoch für mich, die ich mein Leben lang nie viel Fleisch gegessen habe, mich seit 2014 vegetarisch und seit einem halben Jahr eigentlich vegan ernähre, für diese Woche eine Ausnahme zu machen und noch einmal neu zu erleben, dass kein Ersatzprodukt den Geschmack von guten tierischen Produkten ersetzen kann. Und dennoch kehre ich hier in Berlin zu meinen alten Essgewohnheiten zurück.
Aber auch über die Welt des Kochens und Essens hinaus, regte diese Woche zum Nachsinnen an. An einem Ort wie dem Château d’Orion, wo spürbar ist, dass hier Menschen ihren Traum leben, in einer wunderschönen Umgebung mit malerischen Städtchen, fängt man an, sich selbst die großen Lebensfragen zu stellen: Wie möchte ich leben? Was tut meiner Seele gut? Was braucht sie eigentlich? – Sie braucht Schönheit im Leben! Die Schönheit der Natur, liebevoll eingerichtete Zimmer, Gemeinschaft und Austausch mit inspirierenden Menschen, aber auch hier: den bewussten Genuss von gutem Essen. Und dann fragt man sich: Wie kann ich das in meinem Leben umsetzen? Wie kann ich das nicht wieder vergessen, sobald ich in meine vier Wänden, in meine kleine Wohnung mitten in Berlin zurückkehre? Wie kann ich diese Sehnsüchte in konkrete Veränderungen meines Alltags übersetzen?
Besonders inspiriert hat mich zudem der Besuch eines Hauses zweier Freunde von Elke und Tobias: Jörn und Mike haben ein Architekten-Haus aus den 60er Jahren gekauft und sind nun gerade dabei, es wieder in seinen Ursprungszustand zurückzubringen. Auch hier sieht man zwei Menschen, die sich einen Traum verwirklichen. Das steckt an und man fragt sich: Wovon träume ich im Leben? Wohin möchte ich mich mit meiner Zeit und Kraft investieren? Was möchte ich gestalten und schaffen?
Die Woche hat mich aber darüber hinaus ins Nachdenken gebracht, was eigentlich Eventmanagement ausmacht: Gastfreundschaft, die Bereitschaft sich in den Dienst der Gäste zu stellen, immer schon vorher zu sehen, was eine Person gerade benötigt oder wünscht. Ich ziehe meinen Hut vor Menschen, die von Herzen gerne im Tourismus und in der Gastronomie arbeiten und einen Ort wie das Château d’Orion schaffen, wo Menschen eine Auszeit vom Alltag finden und ins inspirierte Reflektieren kommen dürfen.
So kann auch ich mich nun wohl dem anschließen, was die Mitglieder des Freundeskreis Château d’Orion e.V. (sicher) schon längst erkannt haben: Das Château d’Orion ist ein ganz besonderer Ort und immer einen Besuch wert!
Es ist mir ein großes Privileg, dass der Freundeskreis es mir ermöglicht hat an dieser Woche teilnehmen zu dürfen. Eine Erfahrung, die noch lange in Erinnerung bleiben und mich prägen wird!
Johanna Möbius, Stipendiatin